Die Deutsche Telekom will die Chancen der Energiewende nutzen und steigt als Telekommunikationsanbieter in die Energieversorgung ein. Ein Signal für kleine und mittelständische Unternehmen. Foto: Telekom
Die vergangenen hundert Jahre hat die Menschheit mit ihren Innovationen ordentlich auf den Putz gehauen. Fossile Brennstoffe und Atomenergie lieferten die Energie für unsere Industrialisierung, Mobilisierung sowie Globalisierung und Digitalisierung. Und wie nach jeder guten Party kommt nun das böse Erwachen. Die Rohstoffe gehen zur Neige und Kernenergie ist in Deutschland mittlerweile so beliebt wie abgestandenes Bier. Neue, erneuerbare Energie und alternative Versorgungskonzepte müssen her.
Solar-Satelliten-Technologie: In der Zukunft Strom aus dem All?
Das Problem: Wir haben keine hundert Jahre, um unser Energieproblem zu lösen. Gleichzeitig wollen die führenden Technologienationen wie USA, China, Japan und Deutschland nicht länger vom Öl-Import abhängig sein. Das ist aus sicherheitspolitischer und volkswirtschaftlicher Sicht unverantwortlich – und letztlich ist Öl auch nur eine begrenzte Ressource. So beginnt eine neue Schlacht um Innovationen. Wer wird die Nase bei alternativen Energiekonzepten vorn haben? Wer wird seine Lösung an den Rest der Welt verkaufen können?
An Ideen mangelt es nicht: Zu den waghalsigsten Projekten gehört sicherlich die Solar-Satelliten-Technologie. Ausgerüstet mit Sonnenkollektoren umkreisen Satelliten die Erde und fangen das Sonnenlicht auf. Diese Energie soll in Form von Radiowellen mit niedriger Frequenz zur Erdoberfläche gestrahlt, dort gesammelt und in Strom umgewandelt werden. Technisch sind Solarfarmen im All keine Science Fiction mehr, allerdings sind die Kosten zurzeit noch ein zu großes Hindernis, als dadurch kurzfristig eine wirtschaftlich tragfähige Energieversorgungsalternative entstehen könnte.
Für den Übergang setzt sich zunehmend die Idee von virtuellen Kraftwerken durch. Gemeint ist der Zusammenschluss von vielen kleinen dezentralen Stromerzeugern wie zum Beispiel Kleinwasserkraftwerken, Photovoltaik-, Biogas- und Windenergieanlagen sowie Blockheizkraftwerken (BHKW) zu einem Verbund. Ziel ist nicht, bestehende Netzstrukturen und Großkraftwerke zu ersetzen, sondern künftige Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Insbesondere Kritiker des Atomausstiegs befürchten, dass diese zunehmen, solange volatile Energiequellen wie Wind oder Sonnenlicht nicht ausreichend zur Verfügung stehen.
Telekom will Komplettpaket für virtuelles Kraftwerk
In diese Lücke stößt jetzt auch die Deutsche Telekom. Sie will zukünftig Energieversorgern ein Komplettpaket für virtuelle Kraftwerke anbieten. Das Paket besteht aus dem Einbau und der Wartung eines BHKW, der Fernsteuerung für den Energieversorger sowie einem Webportal für Immobilienbesitzer. Ein Mikro-BHKW besteht aus einem Motor, der sowohl Warmwasser als auch Strom liefert. Verbrauchen Kunden ihren Strom vor Ort, entlasten sie damit die Stromnetze und vermeiden Leitungsverluste.
Neben dem Nutzen für die Energieversorgung ist das Modell aber noch aus einem anderen Punkt interessant: Die Telekom erschließt sich über dieses Angebot ein neues Geschäftsfeld, das in der Lage sein kann, stagnierende oder sinkende Umsätze mit Telefonie, Internet und Mobilfunk auszugleichen. Der Schritt ist logisch, denn er baut auf der Kernkompetenz der Telekom auf: Die Energieversorger greifen via DSL-Leitung oder über eine gesicherte Mobilfunkleitung auf die kleinen Kraftwerke zu. Auch beim Umgang mit Kundendaten und bei der Abrechnung hat die Telekom jahrzehntelange Erfahrung.
Der Vorstoß der Telekom hat Signalwirkung für kleine und mittelständische Energieversorger. Um ihre Wettbewerbsposition in Zeiten des Energiewandels zu halten oder auszubauen, müssen diese entlang der Wertschöpfungskette zügig neue Geschäftsmodelle finden. Die größten Chancen für bisherige Akteure aber auch Neueinsteiger in der Energiewirtschaft liegen in den Bereichen Energieerzeugung, Vertrieb und Service. Profiteur des Telekom-Pakets ist beispielsweise die Vohburger Firma Motoren AT als Hersteller für BHKW.
Zur Herausforderung werden dagegen Neueinsteiger im Service-Bereich, wie zum Beispiel die großen Telekommunikationsanbieter. Sie sorgen für einen größeren Preisdruck sowie mehr Flexibilität und Dynamik im Wettbewerb. Der Mittelstand sollte sich davon aber nicht beeindrucken lassen. Zum einen kann er mit Effizienz-Know-how kontern. Zum anderen braucht es Big Player wie die Telekom, um überhaupt eine neue Technologie einer breiten Masse zugänglich zu machen und diese zu vermarkten.