Mitte März veranstaltete der BVMW Bayern in Kooperation mit dem Patentsoftware-Anbieter Anaqua eine Fachkonferenz zum Thema geistiges Eigentum (engl. intellectual property, IP): Durch die anhaltende Ausbreitung der COVID19-Erkrankung konnte die Veranstaltung „Die Zukunft des IP-Managements“ nicht wie ursprünglich geplant im Münchner Künstlerhaus stattfinden, sondern wurde als Online-Event per Livestream ausgestrahlt. Die Vortragenden waren dabei aus Essen, München und Liechtenstein zugeschaltet.

Neue Perspektiven für das Patentmanagement der Zukunft

Über 60 Teilnehmer aus der IP-Branche hatten sich für den Livestream angemeldet und konnten verfolgen, wie die ausgewählten Experten neue Perspektiven auf das effektive Management von geistigem Eigentum warfen. Achim von Michel vom BVMW Bayern dankte eingangs dem Sponsor Anaqua für die Möglichkeit, die mittlerweile sechste BVMW-Veranstaltung zu geistigem Eigentum trotz der Coronavirus-Ausbreitung digital abhalten zu können. Die Moderation des Events übernahm Wulf Höflich, Patentanwalt der AKLaw Kanzlei aus München. Die Zuschauer konnten während und nach den Vorträgen ihre Fragen an die Experten senden.

Effektiven Patentschutz zu effizienten Kosten

Dr. Stephan Wolke, CEO der thyssenkrupp Intellectual Property GmbH, referierte zunächst über den Patentschutz in einem international agierenden Technologiekonzern und ging dabei vor allem auf die Optimierung von Prozessen ein: Effektiven Patentschutz zu effizienten Kosten herzustellen, ist für die IP-Abteilung von ThyssenKrupp das wichtigste Ziel. Anhand von Best-Practice Beispielen aus seinem Unternehmen erklärte er, wie dies erreicht werden kann: Der effektive Patentschutz gelingt seiner Meinung nach nur mit dem richtigen Fachteam und mit wehrhaften Patenten, die auch durchgesetzt werden.

Der Aufbau eines effektiven Patentschutzes ging bei ThyssenKrupp mit einer grundlegenden Strategie einher, die mittlerweile von anderen Unternehmen kopiert werde, so Wolke. Die deklaratorische Eigentümerschaft und die ökonomische Eigentümerschaft wurden dabei getrennt, um sicherzustellen, dass alle Patente der verschiedenen Geschäftsbereiche des Konzerns auf den Namen ThyssenKrupp laufen. Zusätzlich mussten die richtigen Anreize und die Richtung für Innovationen und IP-Schöpfung vorgegeben werden, betonte Wolke.

Ständige Überprüfung und Wettbewerbsbeobachtung

Für ein konstant effektives und effizientes IP-Management sei außerdem die Überprüfung der jährlichen IP-Ziele zentral. Das Verhalten der Wettbewerber müsse dafür genau analysiert werden. Außerdem müsse in Abstimmungen zwischen den verschiedenen Abteilungen wir Forschung und Marketing genau entschieden werden, in welchen Ländern und für welche technischen Anwendungen der Patentschutz benötigt wird.

Bei Unternehmenszukäufen kommt der IP-Abteilung auch die Bewertung der fremden IP-Portfolios zu: „Es kommt häufiger vor, dass wir in die Bewertungen von IP involviert sind“, so Wolke. Der Erfolg des eigenen IP-Portfolios kann durch die Beobachtung der wichtigsten KPIs gemessen werden: „Eine Kennzahl kann z.B. sein, wie viele Erfindungen eine R&D Investition von einer Million Euro generiert, wie sich das Patentportfolio von Jahr zu Jahr entwickelt oder wie viele Erfindungsmeldungen am Ende erfolgreich patentiert werden“, erklärte der Experte.

Lösungswettbewerbe für die optimale Vermarktung für Patenten

Dr. Sebastian Moritz, Vorstand der Münchner TWS Partners AG warf danach einen Blick auf Lösungswettbewerbe für IP-Vermarktungsstrategien und analysierte, wie Unternehmen mithilfe der Spieltheorie ihre IP-Assets gewinnbringend vermarkten können. Gerade bei Verhandlungen zwischen Unternehmen gebe es zahlreiche Anwendungsfälle der Spieltheorie, mit deren Hilfe optimale Ergebnisse erzielt werden können, so Moritz.

Bei der Patentbewertung schaue ein Ökonom zunächst etwas anders auf das Schutzrecht als ein Ingenieur, so Moritz. Die Nachfrage nach dem Patent sowie ein existierender Markt für das Patent seien für Ökonomen bei der Bewertung zentral: Die Zahlungsbereitschaft der Interessenten am Patent bzw. an einer Lizenz kann dann mithilfe des geeigneten Auktionsmechanismus optimal abgeschöpft werden. Dies ist praktisch aber nicht immer einfach: „Es gibt leider nicht die eine optimale ökonomische Antwort für den richtigen Marktmechanismus. Es kommt immer auf die Situation und den zu verkaufenden Asset an“, so Moritz. Referenzpunkte für Marktwerte von Patenten können Orientierung geben sind aber nicht allein entscheidend, so der Experte.

Ein Patent kann man auf verschiedene Weisen verwerten, viele Interessenten bedeuten auch viele verschiedene Optionen. Doch wie erhält man als Verkäufer das optimale Ergebnis? Die verschiedenen Optionen, die für einen als Verkäufer akzeptabel wären, konkurrieren bei komplexen Entscheidungen wie Patentverkäufen oder Lizenzierungen in einem Lösungswettbewerb miteinander. Ein Prozess, der die Strategien und Motivationen der Interessenten zu Tage fördert, müsse dann Vergleichbarkeit zwischen den Optionen herstellen, betont Moritz. Der objektive Vergleich ermögliche es dann, am Ende das beste Ergebnis zu erzielen.

Die Blockchain-Technologie für Eintragungen von IP-Assets

Daniel Kohler, CEO der Liechtensteiner edeXa AG, brachte abschließend die Rolle der Blockchain-Technologie für ein effizientes, zukunftsorientiertes IP-Management ein. Durch die Blockchain eröffneten sich zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für Unternehmen, so Kohler. Beispielsweise erlaube es die Technologie der Blockchain, Transaktionen vertrauenswürdig, sicher und transparent abzuwickeln. Als manipulationssichere und dezentrale Datenbank sei sie daher für Unternehmen höchst interessant, so Kohler.

Für Assets des geistigen Eigentums könnte die Blockchain als vertrauenswürdiger Intermediär Prozesse vereinfachen und beschleunigen. Nachweise in der Blockchain seien sowohl fälschungssicher als auch zeitlich eindeutig nachvollziehbar, was beispielsweise Patentanmeldeprozesse deutlich verbessern könnte, betonte Kohler. Damit wäre die Blockchain aufgrund einfacher und umfassender Nachweismöglichkeiten eine interessante Möglichkeit für IP-Abteilungen und Behörden, so das Fazit des Experten.

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