Mitarbeiterbeurteilung: Antworten auf häufige Fragen

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Immer, wenn Menschen aufeinandertreffen und Mitarbeiter Leistungen erbringen, findet eine Beurteilung statt. Dabei gründet sich unsere Meinung über Andere oft auf den ersten Eindruck. In diesem Zusammenhang spielen Sympathie, Antipathie, Vorurteile, Sprache, Gestik und Mimik, erste Reaktionen und bestimmte Verhaltensweisen eine wesentliche Rolle. Dieser Beurteilungsvorgang ist ein automatischer Ablauf, der unbewusst und oft aus dem Bauch heraus gesteuert wird.

Auch in der betrieblichen Praxis lässt man sich in seiner Urteilsbildung von diesen Eindrücken leiten und beeinflussen. Solche Beurteilungs- und Einschätzungsvorgänge sind natürliche psychologische Prozesse, die uns helfen, uns im Beziehungsumfeld orientieren und zurechtfinden zu können. Leider führen solche Gefühlsentscheidungen aber nicht selten zu Fehlbeurteilungen, wenn es um Qualifikationen, Leistungen und objektive Verhaltensbeurteilungen geht. Für mehr Objektivität, Systematik und Fehlervermeidung führen die folgenden Antworten auf wichtige Fragen rund um die Mitarbeiterbeurteilung.

Wie erreicht man die Akzeptanz bei Mitarbeitern am besten?
Dies hat viel mit den obigen generell wichtigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Mitarbeiterbeurteilung zu tun. Geht es aber spezifisch um die Akzeptanz, sind die Fairness, der Respekt und die konstruktive Grundhaltung des Dialoges, das Vermeiden einer "Schulmeister- und Benotungs-Mentalität", die Einbindung der Mitarbeiter in möglichst allen Phasen – auch oder besonders bei einer Neueinführung – und das Ergreifen von versprochenen und zugesagten anschliessenden Massnahmen und Hilfestellungen die wohl entscheidenden Faktoren.

Ist ein freies Gespräch einem standardisierten vorzuziehen?
Dies ist eine Frage der Konzeption und der mit der Mitarbeiterbeurteilung verfolgten Zielsetzungen. Das eine schliesst zudem das andere nicht aus, es sind oft kombinierte Formen möglich. So kann ein Beurteilungsbogen stark standardisiert strukturiert werden, das Beurteilungsgespräch mit dem Mitarbeiter dann aber sehr frei und individuell stattfinden. Es ist jedoch ein Trend festzustellen, weg von zu standardisierten zu mehr individuellen und freien Gesprächen und Vorgehensweisen.

Wie empfehlenswert sind Vorgesetzten-Beurteilungen?
Wegen Bedenken, damit die Autorität von Führungskräften zu beinträchtigen und diese unnötig zu exponieren, wird die Vorgesetztenbeurteilung im deutschsprachigen Raum eher selten angewendet. Dort, wo sie aber praktiziert wird, eine etwas neutralere Bezeichnung hat (Feedback-Gespräche, Führungsbarometer) und eher in Form eines Führungsverhaltens-Feedbacks vorgenommen wird, macht man durchwegs positive Erfahrungen damit und wird sie auch von den Führungskräften selber befürwortet und begrüsst.

Wie oft sollen Beurteilungen stattfinden?
Mitarbeiterbeurteilungen finden gewöhnlich einmal pro Jahr statt. Unterjährig sollten aber – dies ist ausserordentlich wichtig – Standortbestimmungen, Leistungskontrollen, Feedback-Gespräche, Stand von Zielerreichungsgraden, Projektbeurteilungen und ähnliche Gespräche und Zwischenbeurteilungen stattfinden. Dies auch, um auf Defizite und notwendige Korrekturen schneller und flexibler reagieren zu können und einen permanenten Feedback-Dialog sicherzustellen, der wiederum die Qualität, Akzeptanz und Aktualität der eigentlichen Mitarbeiterbeurteilung optimiert.

Wer soll Mitarbeiter beurteilen?
Im Allgemeinen ist es der Vorgesetzte, da dieser die Mitarbeiterleistung am besten einschätzen kann. Der nächsthöhere Vorgesetzte überwacht und unterstützt unter Umständen den Beurteilungsvorgang. In begründeten Fällen nimmt dieser am Beurteilungsgespräch ebenfalls teil. Die professionelle Beratung der Personalabteilung zum Beispiel in Fragen der Kommunikation, Organisation und konzeptionellen Fragen ist jedoch sehr empfehlenswert. Je nach Betriebsgrösse kann es aber durchaus auch der Geschäftsführer sein, der eine Mitarbeiterbeurteilung durchführt.

Wie umfangreich soll ein Beurteilungskatalog sein?
Dies kann so pauschal nicht beantwortet werden, da es von weiteren Elementen der Personalarbeit wie z.B. der Personalentwicklungskonzepte abhängt. Die Komplexität der Stellen und Funktionen und die Zielsetzung der Mitarbeiterbeurteilung und möglichen Massnahmen sind weitere Faktoren. Grob kann man aber sagen, dass 15-20 Leistungs- und Verhaltensmerkmale mindestens bestehen sollten, ein 40seitiges "Werk" mit Dutzenden von Beurteilungsmerkmalen aber den Rahmen sprengt und Mitarbeiter und Vorgesetzte überfordert.

Sollen Mitarbeiter-Beurteilungen mit Lohngesprächen verknüpft werden?
Davon ist eher abzuraten. Die Verknüpfung kann zwar auf den ersten Blick die Bedeutung von Mitarbeiterbeurteilungen erhöhen und die Festlegung von Leistungslöhnen systematisieren. Auf der anderen Seite leidet aber die Objektivität und Gerechtigkeit einer Mitarbeiterbeurteilung darunter, weil weiche Faktoren wie Kreativität und Kundenfreundlichkeit zu kurz kommen und Entgeltfragen die Offenheit verhindern können. Vor allem aber läuft man Gefahr, dass Mitarbeiterbeurteilungen zu stark oder nur noch von Lohn- und Geldfragen dominiert werden und beidseitig alles nur noch unter dem Aspekt der Lohnfrage beurteilt und betrachtet wird.

Wie werden Ziele bei Zielvereinbarungen formuliert?
Ziele sollten von Unternehmens- und Abteilungszielen abgeleitet werden und Mitarbeitern in diesen Zusammenhängen kommuniziert werden. Sie sollten wann immer möglich messbar, nachvollziehbar, motivierend sein und weder zu tief noch zu hoch angesetzt sein. Sie müssen aber durchaus nicht immer nur quantifizierbar sein, da wichtige Kernleistungen und -verhalten (Kreativität, Kritikfähigkeit, Identifikation mit dem Unternehmen, um nur einige wenige Beispiele zu nennen) dies nun einmal oft nicht sind. Bei solchen Zielen sind sehr konkrete Situationen, Beispiele, und Beschreibungen heranzuziehen, um realistische Zielgrössen erarbeiten zu können.

Soll man Mitarbeiter Eigenbeurteilung vornehmen lassen?
Je nach Anlage und Konzept der Mitarbeiterbeurteilung ja. Eine Eigenbeurteilung hat den Vorteil, dass der Mitarbeiter stärker einbezogen und als ernstzunehmender Partner behandelt wird. Die intensivere Auseinandersetzung mit den Beurteilungspunkten bewirkt ein besseres Verständnis und Leistungsbewusstsein und führt zudem zu einer kritischeren und dialogorientierteren Besprechung.

Wie individuell bzw. standardisiert soll ein Beurteilungskatalog sein?
Überall dort, wo Leistungen und Verhaltensmerkmale für das gesamte Unternehmen gelten und die Vergleichbarkeit zwischen Mitarbeitern und Abteilungen auf Unternehmensebene wichtig sind, ist eine Standardisierung empfehlenswert.

Steht aber die Bedeutung von funktionsspezifischen Aufgaben im Vordergrund und ist deren Qualifizierung von zentraler Bedeutung, sollte unbedingt eine individuelle Beurteilung erfolgen. Ein praktisches Beispiel: In einem Unternehmen, in welchem Innovation einen hohen Stellenwert innehat, wird Innovation möglichst einheitlich beurteilt. Geht es aber um die Service- und Kundenfreundlichkeit der Call Center-Mitarbeiter, sind dies eindeutig individuell festzulegende Leistungsmerkmale.

 

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Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem im PRAXIUM-Verlag erschienen Buch

Robert Müller
Systematische Mitarbeiterbeurteilung und Zielvereinbarungen
Umfang: 300 Seiten
Erschienen im PRAXIUM-Verlag, Zürich
Mit CD-ROM und vielen Mustervorlagen und Formularen
ISBN 978-395227-12-54

 

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