Der Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung geht in die nächste Runde. Gestern startete ein Aktionsbündnis um den Chaos Computer Club (CCC) eine weitere Kampagne gegen die Pläne der Bundesregierung, die umstrittene EU-Richtlinie in Deutschland umzusetzen. Zum Auftakt der Kampagne STOP-VDS.de erläutert ein Kampagnenvideo die Hintergründe der Massenüberwachung.
Ungeachtet der erklärten Verfassungswidrigkeit der deutschen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung durch das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2010 beharrt Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auf der Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie. Andererseits drohe ein Mahnverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof.
Diese Ankündigung, so Datenschützer, sei ein zu schwaches Argument, um die Vorratsdatenspeicherung gegen den Willen der Bürger durchzusetzen. Aus diesem Grund startete gestern der Chaos Computer Club (CCC) zusammen mit dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und dem Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD) eine erneute Kampagne gegen das Vorhaben.
Zum Auftakt von STOP-VDS.de erläutert ein Kampagnenvideo „die Gefahren und Maßlosigkeit der anlasslosen Massenüberwachung“. „Die Kampagne vermittelt das komplexe Thema Vorratsdatenspeicherung mit einfachen Bildern und erklärt den Stand der derzeitigen Diskussion in Deutschland und der EU“, so Dirk Engling, Sprecher des Chaos Computer Clubs.
Außerdem fordern die Initiatoren, dass sich der Petitionsausschuss des Bundestags endlich mit der von mehr als 64.000 Bürgern mitgezeichneten Petition befasse, die sich für ein Verbot der Vorratsdatenspeicherung ausspricht. „Es ist bedenklich, dass der Ausschuss sich fortwährend über das berechtigte Begehren aus der Bevölkerung zur Mitsprache hinwegsetzt“, so Werner Hülsmann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Engling: „Seit Jahren spricht sich eine klare Mehrheit der Bevölkerung gegen die Vorratsdatenspeicherung aus. Die Unterzeichner der Petition sollten wieder Souverän behandelt werden, nicht wie lästige Bittsteller, deren Unmut man jahrelang aussitzen kann.“
Die Vorratsdatenspeicherung sorgt auch in der Regierungskoalition für Konflikte. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) widerspricht dem Entwurf des Innenministeriums und hatte Ende März einen alternativen Vorschlag an die Kabinettskollegen verschickt. Der sieht vor, vorhandene Telekommunikationsdaten nur in konkreten Verdachtsfällen speichern zu lassen (Quick Freeze) und den Ermittlern bei Bedarf zur Verfügung zu stellen. Für Internetdaten schlägt sie eine anlasslose Speicherung vor – allerdings lediglich für eine Woche.
Obwohl der Vorschlag den Kabinettskollegen nicht weit genug geht, sehen die Datenschützer auch hier nur eine „Vorratsdatenspeicherung light“. „Wir wehren uns dagegen, jeden Bürger unter Generalverdacht zu stellen“, so Rena Tangens vom FoeBud. „Die Speicherung sämtlicher Telefonverbindungen wird von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt: insbesondere Ärzte, Juristen, Gewerkschaften und Bürgerrechtsorganisationen haben sich mehrfach gegen die anlasslose Protokollierung aller Verbindungsdaten ausgesprochen. Auch Ermittler der Polizei zweifeln den Nutzen der Vorratsdatenspeicherung mittlerweile an.“
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