Tagen und Schlemmen gehen immer häufiger eine spannende Symbiose ein. Warum Küchen-Events im Trend sind und sich die Qualität der Küche in Tagungshotels zu einem zentralen Auswahlkriterium entwickelt hat, erklärt Michael Gestmann.
Frank Aussem ist in seinem Element: Mit Schwung instruiert der Küchenchef des Romantik Hotels Schloss Rheinfels sechs Mitarbeiter eines Handyherstellers, die unter seiner fachkundigen Anleitung ein aufwändiges Vier-Gänge-Menü vorbereiten sollen. Gemeinsam wird geköchelt, gebruzzelt, gewürzt – und gewitzelt. Denn Spaß gehört nun mal auch zu Veranstaltungen dieser Art dazu.
Während die üblichen Trainings den häufig durchseminarisierten Belegschaften bestenfalls noch ein gelangweiltes Gähnen abringen, bieten Tagungshotels immer häufiger unterhaltsame Koch-Events, -Partys und -Kurse an. Deren Erfolg basiert darauf, dass wir Menschen uns sehr für das Kochen begeistern können. Die Promi-Köchin Sarah Wiener führt dieses Interesse unter anderem darauf zurück, dass wir das Kochen mit Familienritualen und Gemeinschaft verbinden.
„Die Teilnehmer eines Team-Kochens schätzen es zudem, wenn sie einem Profi über die Schulter schauen und mit ihm zusammen kochen dürfen“, erlebt Christiane Lösch immer wieder. Laut der Chefin des Hotels Kloster Hornbach kommt es stets gut an, wenn der Profikoch das eine oder andere Rezeptgeheimnis lüftet. Erwartet wird auch, dass der Hotelkoch, ähnlich wie die TV-Köche, über Entertainer-Qualitäten verfügt.
Kochen verbindet
Auf die steigende Nachfrage nach Kochevents jeglicher Art reagieren die Hotels inzwischen mit immer ausgefalleneren Offerten. „Sündig lecker“ und „göttlich verführend“ geht es zum Beispiel bei den Gourmet-Kochkursen bzw. den Dessert-Kursen im Kloster Hornbach zu. Chefkoch Martin Opitz öffnet nämlich von Zeit zu Zeit seine Klosterküche für „Novizen“, während Patissier Olivier Fabing gemeinsam mit Liebhabern von edlem Naschwerk beispielsweise Schokoladensuppe mit Schneeeiern oder Grieß-Tarte mit Erdbeerkrapfen zubereitet.
„Das so genannte Team-Kochen ist beliebt, wenn ein Team eine Erfrischung, einen gemeinsamen Moment oder auch eine Anerkennung benötigt“, erklärt Anna Will. Häufig geht es dabei nur um Motivation, Spaß und Unterhaltung. Doch die Unternehmensberaterin betont, dass sich das Team-Kochen auch zur Teamentwicklung eignet, da während des gemeinsamen Kochens ganz nebenbei Kommunikation und Teamfähigkeit trainiert werden. „Damit sich Unterhaltung und Weiterbildung erfolgreich verbinden lassen, bedarf es jedoch eines kompetenten Trainers, der nach dem Kochen ein professionelles Team-Debriefing durchführt“, ergänzt Anna Will.
Einer dieser Experten ist Axel Bleschke, der seine Variante des Team-Kochens, das so genannte Bistrot Créatif, bevorzugt in dem Hotel Val-Vignes nahe Colmar durchführt, einst Jagdsitz der Lottringer Herzöge. „Wer im Elsass tagt, möchte schlemmen, das nutzen wir“, sagt der Trainer. Und da das Hotel-Restaurant „Le Bistrot des Gastronomes“ mit einer raffiniert zubereiteten französische Küche selbst Gourmetherzen höher schlagen lässt, ist das Val-Vignes laut Bleschke die ideale Location für ein Team-Kochen.
Beim Bistrot Créatif stellen die Teilnehmer das Menü selbst zusammen, sie gehen die Zutaten einkaufen, kochen unter Anleitung des Val-Vignes-Küchenchefs, suchen die passenden Weine und die Musik aus, schmücken den Saal und dekorieren die Tische. „Neben Kreativität, Emotionen und Genuss ermöglicht das Team-Kochen, dass die Teilnehmer ihre Kollegen neu entdecken“, erlebt Axel Bleschke immer wieder.
Um neue Impulse ins Team zu bringen, stellt der Trainer am Morgen nach dem gemeinsamen Festessen den Transfer vom Teamerlebnis zum Berufskontext her, indem er Fragen thematisiert, wie etwa: „Welche neuen Kompetenzen haben wir in unserem Team entdeckt, und wie können wir sie nutzen?“, „Wie wollen wir miteinander kommunizieren?“, „Wie treffen wir Entscheidungen?“, „Wie können wir unsere Arbeitsprozesse optimieren?“, „Welche Teamregeln benötigen wir für erfolgreiche Projektarbeit!“ und „Wie können wir die Qualität / das Ergebnis unserer Arbeit steigern?“. Ein Prozess des Aufräumens der besonderen Art.
Weniger zur Team-, sondern zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen, will das Küchen-Event „In Teufels Küche“, das Göbels Schlosshotel Prinz von Hessen vereinzelt veranstaltet. „Die Teilnehmer lernen zwar auch, wie Speisen richtig zubereitet werden“, erklärt Hotelmitarbeiterin Birgit Schröder, „wichtiger ist indes, dass die Führungskräfte einen Tag lang einen Perspektivenwechsel vornehmen und sich in die Rolle ausführender Küchenmitarbeiter versetzen.“ Sie erfahren dabei, was tagtäglich in der (Spül-)Küche sowie im Warenlager und Kühlhäusern zu tun ist. Begleitet werden sie dabei von einem Coach, der mit ihnen den Perspektivenwechsel aufarbeitet. Die Belohnung für diese Mühen erwartet die Teilnehmer am Abend, denn dann dürfen sie das selbst zubereitete Menü servieren und verkosten.
Spreu vom Weizen trennen
Einer, der den Trend zum Tagen und Schlemmen bereits seit Längerem beobachtet, ist Rudi Neuland. Für den Fuldaer Tagungsexperten sind die Gaumenfreuden regelrecht eine „Wunderwaffe“, da sie bei Veranstaltungen für eine perfekte Stimmung sorgen und damit den Tagungserfolg positiv beeinflussen. Denn es gilt: „Je wohler sich die Teilnehmer fühlen, desto besser lernen sie“, erklärt Neuland.
Der Gründer der Initiative Exzellente Tagungshotels hält es jedoch längst nicht für selbstverständlich, dass ein Hotel in beiden Disziplinen, Tagungskompetenz und Spitzengastronomie, gleichermaßen punkten kann. Der Branchenkenner empfiehlt daher, sich bei der Tagungshotelauswahl nicht nur auf die häufig geschönten Aussagen in Broschüren und Internet zu verlassen, sondern vor Ort zu prüfen, ob diese die gewünschte Qualität sowohl beim Tagen als auch beim Schlemmen garantieren können.
„Wie perfekt die Tagungsräume und das Lernumfeld ist, lässt sich schnell prüfen, doch wie gut die Küche wirklich ist, ob die Speisen frisch zubereitet werden oder Fertigprodukte verwendet werden, teste ich gern bei einem Probeessen und bei einem Gespräch mit dem jeweiligen Küchenchef“, berichtet Britta Jonas-Wichmann. Die Mitarbeiterin der 3con Management Consultants GmbH ist kein Einzelfall, denn die Unternehmen möchten sicher stellen, dass ihre Führungskräfte, Mitarbeiter, Gäste und Kunden im Tagungshotel kulinarisch so gut bewirtet werden, wie es sonst nur in Restaurants der Spitzenklasse üblich ist.
Im Gutshofhotel Waldknechtshof in Baiersbronn / Nordschwarzwald, Deutschlands Gourmetregion schlechthin, haben die beiden Eigentümer frühzeitig erkannt, dass sich Tagen und Schlemmen gut miteinander kombinieren lassen. Während sich die regionale Konkurrenz vor allem auf Privatkunden konzentriert, haben die Geschwister Christine und Gernot Marquardt ihr Haus zur Tagungsdestination ausgebaut. Zugleich vermitteln Auszeichnungen wie der Bib Gourmand von Michelin Gästen wie Veranstaltern glaubwürdig, dass die Küche in dem denkmalgeschützten Tagungshotel überdurchschnittlich gut ist. Knigge-Trainer nützen es daher gern, um ihren Teilnehmern zu zeigen, wie man sich bei Geschäftsessen korrekt verhält, wie sie einen Fisch richtig filetieren oder ein Stubenkücken stilgerecht zerlegen.
Auch, dass die Speisen Bioqualität haben, wird vermehrt erwartet. Denn viele Unternehmen fühlen sich der Nachhaltigkeit und dem Umweltschutz verpflichtet. Daher boomen so genannte Green Meetings, wie sie etwa das Bio-Seehotel Zeulenroda anbietet. Dort können Unternehmen nicht nur die An- und Abreise der Veranstaltungsteilnehmer am Klimaterminal der Hotelrezeption klimaneutral stellen, sondern es werden in dem im Thüringer Vogtland ansässigen Haus nur Speisen kredenzt, deren Zutaten aus kontrolliert biologischem Anbau sind.
Checkliste: Was Sie bei der Hotelauswahl beachten sollten, wenn Sie Tagen & Schlemmen verbinden möchten
- Welche Sternekategorie soll das Hotel haben?
- Welche Alternativdestination käme infrage?
- Testen Sie das Hotel-Restaurant bei einem Probeessen.
- Wie sind der Service und die Freundlichkeit der Bedienungen?
- Wie gut sind Lernumfeld, Restaurant und Pausenräume?
- Werden die Speisen frisch zubereitet oder Fertigprodukte verwendet?
- Passt die Restaurant-Atmosphäre zu Ihrem Event?
- Ist die Beleuchtung bei den Mahlzeiten je nach Tageszeit angemessen?
- Welche Zimmerkapazität hat das Hotel?
- Wie hoch ist die Tagungspauschale?
- Was umfasst die Tagungspauschale?
- Bis wann ist das Zimmerabrufkontingent kostenfrei?
- Welche Optionszeiten gewährt das Hotel?
- Welche Rahmenprogramme kann das Hotel anbieten?
- Wie sind die Parkmöglichkeiten?
Weblinks
www.schloss-rheinfels.de
http://www.bio-seehotel-zeulenroda.de
www.waldknechtshof.de
http://www.goebels-schlosshotel.de
www.kloster-hornbach.de
http://de.valvignes.com/
www.exzellente-tagungshotels.de