Die Social Media und das mobile Internet haben die Gesetze der Businesswelt in kürzester Zeit auf den Kopf gestellt. Früher streuten Unternehmen ihre Werbemonologe in den Markt, die Kunden hörten brav zu und kauften dann. Heute ist es umgekehrt. Die Kunden kaufen, erzählen anderen darüber und bringen so die Menschen in ihrem Umfeld zum Handeln. Nun sind es die Anbieter, die zuhören sollten, um ihre Touchpoints zu meistern.
Um in unserer schönen, neuen Businesswelt die Zukunft zu erreichen, muss zunächst der alte Sales Funnel (Verkaufstrichter) umgeschrieben werden. Am Anfang und am Ende eines Kaufprozesses steht nun die Mundpropaganda (Word of Mouth) und das Weiterempfehlen. „Sei wirklich gut und bringe die Leute dazu, dies engagiert weiterzutragen!“ So lautet das neue Business-Mantra. Links und Likes sind die neue Währung. Und Konsumenten sind die neuen Vermarkter.
Wer in dieser Empfehlungsökonomie überlebt? Das entscheidet sich in den ‚Momenten der Wahrheit‘ an den Touchpoints zwischen Marke und Kunde. Was Unternehmen dazu brauchen? Ein Tool, das schnell und wendig macht, das die Fülle der alten und neuen Berührungspunkte in ein Ordnungssystem packt sowie ‚social‘ und ‚mobile‘ komplett integriert. Ein Tool, das Komplexität reduziert, das aus dem Blickwinkel der Kunden agiert und diese in ihrer neuen Funktion als Mitgestalter aktiv integriert. Das Customer Touchpoint Management ist ein solches Tool.
Touchpoints sind ‚Momente der Wahrheit‘
Touchpoints entstehen überall dort, wo ein (potenzieller) Kunde mit den Produkten, Marken, Mitarbeitern und Services eines Anbieters in Berührung kommt. Dabei spielen die indirekten Touchpoints wie etwa Meinungsportale, User-Foren, Testberichte, Blogbeiträge und Tweets eine zunehmend wichtige Rolle. Diese werden auch als ‚Earned Touchpoints‘ bezeichnet, weil die Anbieter sie sich durch ihre Taten verdienen.
Insgesamt gilt es nun, sich um fünf Gruppen von Touchpoints zu kümmern und fünf Phasen bei den ‚Momenten der Wahrheit‘ (Jan Carlzon) ins Kalkül zu ziehen:
- Influencing Touchpoints: Phase der Informationssuche bzw. des Gewahrwerdens
- Presales Touchpoints: Phase der Entscheidungsvorbereitung
- Purchase Touchpoints: Phase der Entscheidung und des Kaufs
- Loyalty Touchpoints: Phase der Nutzung und des Wiederkaufs
- Influencing Touchpoints: Phase der Beeinflussung Dritter
In vielen Branchen spielt am Ende der ‚Human Touch‘ die entscheidende Rolle. So kann es beispielsweise passieren, dass ein Kunde seiner Automarke treu verbunden bleibt, jedoch den angestammten Händler verlässt, weil sein langjähriger Betreuer in ein anderes Autohaus wechselt. Und weiter kann es passieren, dass die Loyalität, die der Verkäufer mühevoll aufgebaut hat, in wenigen Augenblicken durch einen miserablen Kundendienst vernichtet wird. Bereits das zweite Auto ‚verkaufen‘ also in Wirklichkeit die Service-Mitarbeiter. Deshalb werden im Touchpoint Management nicht nur die Kunden, sondern auch die Mitarbeiter aktiv involviert.
Das Customer Touchpoint Management
Unter Customer Touchpoint Management (Kundenkontaktpunkt Management) versteht man die Koordination aller unternehmerischen Maßnahmen dergestalt, dass den Kunden an jedem Interaktionspunkt eine herausragende Erfahrung geboten wird, ohne dabei die Prozesseffizienz aus den Augen zu verlieren. Ein wesentliches Ziel ist das stete Optimieren der Kundenerlebnisse (Customer Experiences) an den einzelnen Kontaktpunkten, um die Reputation zu stärken, bestehende Kundenbeziehungen zu festigen und via Weiterempfehlungen hochwertiges Neugeschäft zu erhalten. Dazu heißt es, dem Kunden Enttäuschungen zu ersparen und über die Nulllinie der Zufriedenheit hinaus Momente der Begeisterung zu schaffen.
Das Customer Touchpoint Management folgt dabei nicht länger dem selbstzentrierten alten Marketing, das fragt: Was bieten wir dem Kunden? Vielmehr wird untersucht, was die Kunden erwarten, welche Leistungen sie auf welche Weise tatsächlich erhalten und wie ihre Reaktion darauf ist. Hierzu werden – im Rahmen eines vierstufigen Prozesses – zunächst alle Kontaktpunkte gelistet, dann auf Kaufrelevanz wie auch auf Wiederkauf- und Empfehlungspotenzial hin durchleuchtet und schließlich durch Umsetzen passender(er) Maßnahmen immer wieder neu optimiert.
Mithilfe von Mitmach-Aktionen und über Großgruppen-Events wird die ‚Schwarmintelligenz‘ der Kunden und Mitarbeiter aktiv genutzt. Durch solches Beteiligen bislang zumeist Unbeteiligter entsteht auch der loyalisierende ‚Mein-Baby-Effekt‘. Und kaufaktive Mundpropaganda kommt nun ganz wie von selbst. Insgesamt gelangt man zu einer Priorisierung der aus Kundensicht einflussreichsten Berührungspunkte und zu ihrem verbesserten Zusammenspiel. So erhalten Marketer mit dem Customer Touchpoint Management ein praxisnahes, schnelles und überschaubares Navigationssystem für unsere neue Businesswelt.
Die Analysephase im Touchpoint Management
In der Praxis spielt die Touchpoint-Analysephase eine herausragende Rolle. Dabei werden zunächst alle kundenrelevanten Online- und Offline-Kontaktpunkte gelistet. Sie entstehen vor, während oder nach einer Transaktion. Und sie können in Ober- und Unterebenen weiter unterteilt werden. Selbst bei mittelgroßen Unternehmen kommen oft weit mehr als 100 Touchpoints zusammen. Am besten stellt man eine typische ‚Reise des Kunden‘, also eine Online-Offline-Customer Journey, durch die eigene Unternehmenswelt einmal bildlich dar.
Entscheidend ist dann die Frage, auf welche Touchpoints man sich konzentrieren soll, welche sich neu kombinieren lassen, welche vernachlässigt werden können, welche gestrichen werden müssen und welche womöglich noch fehlen. Manche Berührungspunkte sind dabei kritischer als andere. Und oft sind es Bagatellen, die am Ende große Katastrophen bewirken. Jedes Detail kann einen Kunden für immer vergraulen. Deshalb muss, um auch mit dem ineffizienten Silodenken endlich Schluss zu machen, abteilungsübergreifend analysiert werden, was ein Kunde an den Touchpoints im Einzelnen erlebt – und was er davon hält.
Enttäuschungs-, OK- und Begeisterungsfaktoren
In üblichen Analyse-Verfahren werden gern folgende Bewertungsstufen genutzt: negativ, neutral, positiv. Die ganzen Emotionen, die einen Kunden zutiefst bewegen, wenn er mit einer Marke interagiert, kommen dabei allerdings reichlich zu kurz. Um diese Emotionalität sichtbar zu machen, bevorzuge ich eine Vorgehensweise, bei der jeder Touchpoint auf seine Enttäuschungs-, OK- und Begeisterungsfaktoren hin untersucht wird.
Gute Ideen sind hierbei gefragt. Und das hat wenig mit Geld zu tun. Meist sind es nämlich die kleinen ‚Momente der Begeisterung‘, die großes vollbringen. Wir können gar nicht genug Aufmerksamkeit dahin lenken. ‚The big little things‘ sagt Management-Vordenker Tom Peters dazu. Bei mir heißen sie ‚Sternenstaub‘. Sie sorgen nicht nur für anhaltende Kundentreue, sondern auch für Gesprächsstoff im Kreis der Vielen. Und Empfehlungen kommen dann am Ende fast wie von selbst.
Das Buch zum Thema
Anne M. Schüller: Touchpoints
Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute
Managementstrategien für unsere neue Businesswelt
Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Gunter Dueck
Gabal, 3. aktualisierte Auflage, 350 S., 29,90 Euro, 47.90 CHF
ISBN: 978-3-86936-330-1
Ausgezeichnet als Mittelstandsbuch des Jahres und mit dem
Deutschen Trainerbuchpreis 2012
Das Hörbuch zum Thema
Anne M. Schüller: Touchpoints
Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute
Managementstrategien für unsere neue Businesswelt
ungekürzte Hörbuchfassung, 8 CDs
ISBN 978-3-86936-501-5, € 49,90 / CHF 62.50
Die Autorin
Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, zehnfache Buch- und Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als Europas führende Expertin für Loyalitätsmarketing und ein kundenfokussiertes Management. Sie zählt zu den gefragtesten Referenten im deutschsprachigen Raum. Sie ist Gastdozentin an mehreren Hochschulen. Wenn es um das Thema Kunde geht, gehört sie zu den meistzitierten Experten. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft. Weitere Informationen: www.anneschueller.de und www.touchpoint-management.de
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