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Autor: Martin Fecker, Geschäftsführer PROXESS

Die deutsche Wirtschaft steht vor einem digitalen Wendepunkt: Ab 2025 tritt die verpflichtende elektronische Rechnungsstellung für alle Unternehmen im B2B-Umfeld in Kraft. Was auf den ersten Blick wie eine simple bürokratische Anpassung erscheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Zündfunke für eine umfassende digitale Transformation.

Mit der Einführung der E-Rechnungspflicht verfolgt die Bundesregierung das Ziel, Verwaltungsprozesse zu optimieren und die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft voranzutreiben. Für viele mittelständische Unternehmen bedeutet diese Pflicht jedoch weit mehr als nur die Umstellung ihres Rechnungswesens. Sie ist der Auftakt zu einer grundlegenden Neuausrichtung ihrer gesamten Geschäftsprozesse.

Die gute Nachricht: Laut einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom e.V. erstellen nur noch acht Prozent der Unternehmen ihre Rechnungen ausschließlich in Papierform (Stand 2023). In großen Unternehmen ab 500 Beschäftigten setzen bereits 96 Prozent auf E-Rechnungsstandards wie EDI, ZUGFeRD oder XRechnung, um ihre Rechnungen digital auszustellen. Bei mittelständischen Unternehmen mit 100 bis 499 Beschäftigten liegt der Anteil bei 82 Prozent. Der Rest steht vor der Herausforderung, seine Rechnungsprozesse bis Ende des Jahres vollständig an die neuen gesetzlichen Anforderungen anzupassen.

Die größten Hindernisse für Unternehmen

Je nach bisherigem Ausbau der digitalen Prozesse sind die Herausforderungen und Potenziale vielfältig. Im Extremfall – das heißt in Organisationen, die bisher weitestgehend papierbasiert und manuell arbeiten – bedeutet die obligatorische Digitalmaßnahme eine 180-Grad-Wende in diversen Bereichen:

  • Technische Infrastruktur: Viele Mittelständler müssen ihre IT-Systeme komplett überarbeiten oder neue Software anschaffen, um E-Rechnungen erstellen, versenden und empfangen zu können.
  • Prozessanpassung: Etablierte Arbeitsabläufe, die oft über Jahrzehnte gewachsen sind, müssen neu gedacht und digitalisiert werden. Das erfordert Lernbereitschaft und Offenheit in der Herangehensweise an die tägliche Arbeit. Digitalisierung gedeiht in einer flexiblen Unternehmenskultur, die Veränderungen als Chance begreift.
  • Datensicherheit und Compliance: Mit der Zunahme digitaler Transaktionen steigen auch die Anforderungen an Datenschutz und Informationssicherheit – beziehungsweise gilt es im geschilderten Extremfall erst einmal, entsprechende Konzepte zu etablieren.
  • Investitionskosten: Die notwendigen Umstellungen erfordern finanzielle Aufwendungen, die gerade für kleinere Unternehmen eine erhebliche Belastung darstellen können – besonders, wenn sie ungeplant auf einen Schlag nötig werden.

DMS als Katalysator

Zum Glück lassen sich viele dieser Herausforderungen mit der richtigen Planung und entsprechenden IT-Systemen gut meistern. Smarte Dokumentenmanagementsysteme (DMS) zum Beispiel helfen mittelständischen Unternehmen nicht nur bei der Umsetzung der E-Rechnungspflicht. Sie sind auch oft Katalysatoren für die digitale Transformation in anderen Unternehmensbereichen – angefangen beim Einkauf über das Lieferantenmanagement und den Vertrieb bis hin zur Personalabteilung. Schließlich bleibt kein Bereich und kein Dokument im Unternehmen von der Digitalisierungswelle unberührt.

Lieferscheine, Eingangsrechnungen, Verträge manuell zu erfassen, zu verteilen, zu bearbeiten und zu archivieren ist nicht nur zeitraubend für die Mitarbeitenden. Es bremst auch die gesamte Organisation aus, zieht durch lange Transport- und Liegezeiten Geschäftsprozesse unnötig in die Länge und verzögert nachfolgende Aufgaben und Abläufe. Digitale Dokumentenmanagementsysteme können hier viel Zeit, Geld und Nerven sparen. Zudem ermöglichen sie es, wichtige Informationen zu Purchase-to-Pay (P2P) -Prozessen, Kunden, Lieferanten und Partnern zu bündeln und abteilungsübergreifend zur Verfügung zu stellen. Dafür sorgt die Anbindung an Dritt-Systeme (z. B. ERP, Microsoft Office) sowie die Compliance-konforme Ablage in einem zentralen Archiv.

Unternehmen, die diesen Wandel aktiv gestalten und die E-Rechnungspflicht nicht als isolierte Vorgabe betrachten, können also langfristig ihre Effizienz steigern und ihre Digitalstrategie ganzheitlich vorantreiben. Dies erfordert Weitblick, Investitionsbereitschaft und den Mut, etablierte Strukturen zu hinterfragen und neu zu gestalten.

Eine der wichtigsten Regeln bei vollumfänglicher Digitalisierung ist, die Transformation von Beginn an ganzheitlich zu denken. Wie kann so etwas im Mittelstand in der Praxis aussehen?

Branchenspezifische Lösung: E-Invoicing im Möbelhaus

Selbst in den vermeintlich tiefsten Nischen gibt es heutzutage eine DMS-Lösung, die branchenspezifische Prozesse ganzheitlich und einfach digitalisiert. Ein mittelständisches Unternehmen im Möbel- und Küchenhandel zum Beispiel steht grundsätzlich vor den gleichen Herausforderungen wie andere Spezialvertriebe. Trotzdem stellt es spezielle Anforderungen an das Dokumentenmanagement mit vollumfänglich verwobenen Abläufen und Integrationen, die Digitalisierung nicht in Schubladen denken.

Unternehmen im Möbel- und Küchenhandel jonglieren täglich mit Kommissionsaufträgen, Einzelauslieferungen und Montagen – all das bedeutet Zettelwirtschaft und zusätzliche, teils komplexe Prüfroutinen.

Im Möbel- und Küchenhandel gibt es zudem zwei Arten von Kundenaufträgen: Boutiqueware, die direkt ab Lager verkauft wird (z. B. Geschirr, Bettwäsche oder Dekorationsartikel) und Kommissionsaufträge für individuell gefertigte Möbel oder Küchen. Bei Letzteren handelt es sich um große Küchenzeilen, Sofas und ähnliche Artikel, bei denen die Kunden umfangreiche individuelle Wünsche haben. Diese Sonderanfertigungen sind ungleich komplexer, da die Aufträge zahlreiche Einzelpositionen wie Stoff, Farbe, Anordnung und Größe enthalten. Hier können schon kleine Fehler gravierende Folgen haben.

Standardlösungen sind damit überfordert, herkömmliche Erweiterungen oft sperrig und damit ineffizient. Branchenspezifische Lösungen nutzen dafür maßgeschneiderte Schnittstellen zu allen gängigen Branchenlösungen des Möbelhandels, darunter MHS, ECORO, Cogito von SHD, WinMAX von Clasen oder Möbelpilot von Bewidata. Besonders hilfreich ist dabei die bidirektionale Kommunikation der Systeme in Echtzeit. Darüber hinaus ist eine effektive Integration mit dem ERP-System unerlässlich. Das System muss alle relevanten Informationen erhalten: vom Einkauf über die Lieferung und Montage bis hin zur Rechnungsstellung, Bezahlung und Reklamationsbearbeitung.

Und noch einen Vorteil hat das DMS: Bei der Auslieferung und Montage von Möbeln können Mitarbeitende sich die Unterschrift vom Kunden über ein Signaturgerät holen, das die elektronische Signatur direkt und digital über eine entsprechende Schnittstelle im System ablegt und dort dem richtigen Prozess zuordnet.

KI-Zukunft in der Auftragsbearbeitung

Wie genau verschiedene DMS-Systeme Dokumente verarbeiten, unterscheidet sich im Zeitalter der KI zunehmend. Viele mittelständische Unternehmen erhalten ihre Dokumente bereits als PDF per E-Mail. Das ist ein guter Anfang, aber um das Potenzial digitalisierter Dokumente voll auszuschöpfen, bedarf es einer entsprechenden automatisierten Auslese, die alle Daten im technischen Dokument kennt.

Die Systeme analysieren digitale Fachdokumente und lesen die darin enthaltenen Informationen mittels KI in Sekundenschnelle aus, wobei die Daten jedes einzelnen Dokuments an der richtigen Stelle im DMS abgelegt und der entsprechenden Stelle in der Warenwirtschaft zugeordnet werden. Ein schneller Abgleich mit dem ERP-System erkennt darüber hinaus sofort Fehler bei Maßen, Daten und Bestellnummern, sodass Mitarbeitende diese schon früh im Prozess korrigieren können. Bei Unstimmigkeiten stößt das System automatisch eine Prüfung zwischen Einkauf und Verkauf an.

Unabhängig von der Branche gilt: Ein effektives ganzheitliches DMS ist ein zentraler Schritt. Die Systeme helfen Unternehmen nicht nur, die wachsenden gesetzlichen Vorgaben rund um Datenschutz, Aufbewahrungspflicht und E-Rechnungspflicht zu erfüllen. Sie optimieren bestehende Prozesse, treiben die Digitalisierung voran und liefern Mitarbeitenden wie Kunden langfristigen Mehrwert.

Über den Autor:

Der Software- und Wirtschaftsexperte Martin Fecker ist Geschäftsführer der PROXESS GmbH und seit April 2024 Chief Revenue Officer der easy software AG. In seiner Rolle steuert er unter anderem die Integration der Marken PROXESS und HABEL in die easy Gruppe.

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