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Soziologen der Uni Magdeburg untersuchen Einfluss der Digitalisierung auf Einsamkeit
Junge Menschen in Deutschland sind trotz der Digitalisierung des gesellschaftlichen Lebens stärker von Einsamkeit betroffen als ältere Generationen. Je nach Alterszugehörigkeit stärkt die mit der Digitalisierung einhergehende Verlagerung der sozialen Kontakte in soziale Medien soziale Bindungen, begünstigt gleichzeitig aber auch Isolation.
Ist die Digitalisierung bei unter 30-Jährigen tendenziell ein Auslöser für Einsamkeitserfahrung, bietet sie älteren Befragten über 65 Jahren eine Möglichkeit der Abfederung und Kompensation von Einsamkeit. Insbesondere junge Menschen und Frauen fühlen sich unter Druck gesetzt, sich digital zu präsentieren und keine sozialen Ereignisse zu verpassen.
Diese und andere Erkenntnisse gehen aus der Studie „Risiken und Chancen der Einsamkeit in der digitalen Lebens- und Arbeitswelt Sachsen-Anhalts“ hervor, die vom Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie/Mikrosoziologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg im Zeitraum von Oktober 2022 bis Juni 2023 durchgeführt wurde. Unter der Leitung der Soziologin Prof. Heike Ohlbrecht wurde durch eine Befragung von Männern und Frauen im Alter von 20 bis 80 Jahren die Rolle der Digitalisierung bei der Entstehung und Bewältigung von Einsamkeit untersucht.
Die Studie identifiziert drei Idealtypen, die unterschiedliche Formen der Entstehung, Deutung und Bewältigung von Einsamkeit repräsentieren:
Junge Studierende, die unter dem Druck des Studiums stehen und Einsamkeit mit Bildungserwartungen und möglichen Scheiternserfahrungen verbinden. Berufstätige Frauen mittleren Alters in prekären Beschäftigungsverhältnissen, die Einsamkeit mit einem Mangel an sozialer und beruflicher Anerkennung assoziieren und ältere Menschen im Rentenalter, die mit dem Rückgang sozialer Kontakte aufgrund von Verlusten von Partnern oder Angehörigen konfrontiert sind und digitale Technologien zur Erweiterung ihres sozialen Netzwerks nutzen.
Prof. Heike Ohlbrecht erläutert: „Ältere Menschen nutzten digitale Technologien gezielt, um ihren Alltag zu erleichtern und neue soziale Kontakte zu knüpfen. Für junge Menschen könne der digitale Raum jedoch auch eine Gefahr der affektiven Überreizung und permanenten Ablenkung darstellen, sie zeigten weniger Handlungssouveränität im Umgang mit der Technik.“
Im Rahmen der Studie wurden 19 qualitative Interviews durchgeführt und ausgewertet. „Das Phänomen Einsamkeit sollte von innen heraus aus Sicht der betroffenen Personen nachgezeichnet werden. Wir wollten uns mittels Lebensgeschichten der Personen nähern und auch kulturelle Muster der Entstehung von Einsamkeit aufdecken“, erklärt die Soziologin.
Die Forschung wurde vom Landesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Sachsen-Anhalt finanziert, um ein besseres Verständnis für Einsamkeit zu entwickeln und neue Ansätze zur Bewältigung dieses Problems zu finden. Ziel war es, Digitalstrategien und politische Handlungsempfehlungen zu entwickeln, um den sozioökonomischen Folgen von Einsamkeit effektiv entgegenzuwirken. Die Studienergebnisse wurden im Sommer 2023 bei einer Zukunftswerkstatt, bei der Ministerin Petra Grimm-Benne anwesend war, vorgestellt.
„Es zeigt sich, dass es eine umfassende Sensibilisierung für das Thema Einsamkeit braucht, um Stigmatisierung zu verhindern und öffentlichkeitswirksame Informationsinitiativen zu fördern“, so Heike Ohlbrecht. „Gleichzeitig muss die digitale Bildung ausgebaut werden, insbesondere für junge Menschen, um Probleme im Umgang mit Technologien zu adressieren und Medienkompetenzen zu stärken.“
Seit September 2023 läuft das Folgeprojekt „Wohnformen und soziale Netzwerke und deren Einfluss auf Einsamkeitserfahrungen“, das ebenfalls vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt gefördert wird.
Die vollständige Studie gibt es online unter https://link.ovgu.de/studieeinsamkeit.
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