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Die Geschäftsmail von ChatGPT schreiben lassen? In der Mittagspause mit Midjourney experimentieren? Solche Spielereien kennt wohl jeder. Doch generative KI kann viel mehr. Technologieberater Sebastian Bluhm beschreibt die interessantesten Anwendungsfälle für Unternehmen.


Large Language Models (LLMs) sind in aller Munde. Das Entwicklungstempo generativer KI-Systeme ist nicht zu stoppen, und irgendwie ist jedem klar: Da steckt Potenzial drin. Doch mal abgesehen von alltäglichen Spielereien mit Text- und Bildgeneratoren (Hey ChatGPT, was sollen wir heute zu Mittag essen?), bleiben die Nutzungsmöglichkeiten für Unternehmen oft unkonkret.

In meiner Arbeit als Strategie- und Technologieberater spreche ich mit Unternehmerinnen und Managern darüber, was generative KI ihnen bieten kann. Dabei haben sich vier besonders begehrte Anwendungsgebiete herauskristallisiert, die ich in diesem Artikel vorstellen möchte.

Was ist generative KI?

Doch beginnen wir mit einer kurzen Einordnung. Was ist generative KI und was unterscheidet sie von bisherigen KI-Systemen? Als einer, der sich schon lange mit Datenanalysen und künstlicher Intelligenz beschäftigt, möchte ich betonen, dass auch “herkömmliche” KI-Modelle ein enormes wirtschaftliches Potenzial bergen. Sie unterstützen beispielsweise bei der Entscheidungsfindung, bei der Prognose wichtiger Geschäftskennzahlen oder der Analyse von Kundenbedürfnissen.

Generative KI-Modelle gehen einen Schritt weiter. Auf der Grundlage ihrer Trainingsdaten erzeugen (= generieren) sie völlig neue Inhalte wie Texte, Bilder, Videos oder Code-Zeilen. Diese Fähigkeit ist auch deshalb so beeindruckend, weil sie eine menschenähnliche Intelligenz suggeriert. Selbst ein ehemaliger Google-Mitarbeiter zeigte sich davon überzeugt, das Sprachmodell LaMDA habe ein eigenes Bewusstsein entwickelt.


Diesem Irrglauben sollte man nicht erliegen. Auch generative KI ist nur so gut wie die Daten, mit denen man sie trainiert. Doch wenn die Basis stimmt, dann können generative Systeme einen großen Mehrwert für Unternehmen darstellen. Sie vereinfachen Arbeitsprozesse, erschließen neue Einnahmequellen und helfen dabei, drängende Probleme wie Fachkräftemangel abzumildern.

1) Fachwissen nutzbar machen
Auf den ersten Blick ist die Verfügbarkeit von Wissen nichts Neues. Schließlich lassen sich dank Internet und Suchmaschinen nahezu alle Informationen online finden. Doch generative KI vereinfacht die Suche nach Fachwissen um ein Vielfaches.

Nehmen wir als Beispiel eine Personalabteilung. Die Mitarbeitenden müssen regelmäßig Informationen aus dem Arbeitsrecht nachschlagen und über aktuelle Regelungen auf dem Laufenden bleiben. Doch wo findet sich der passende Paragraph zu meiner konkreten Frage? Gibt es weitere Rechtsprechungen, die auf den Fall anwendbar sind? Und wie genau ist diese Passage zu verstehen? Ein Sprachmodell, das mit allen relevanten Gesetzestexten trainiert und automatisch aktualisiert wird, kann diese Fragen in Sekundenschnelle beantworten.

Nicht nur externes Fachwissen, auch interne Richtlinien und das gesammelte Firmenwissen können mithilfe generativer KI nutzbar gemacht werden. Wer sich die Mühe macht, sämtliche historische Daten der Organisation einzulesen, zu strukturieren und verschlagworten, stellt seinen Mitarbeitenden eine unvergleichliche Informationsquelle zur Verfügung. Und nicht nur denen. Je nach Kontext können Unternehmen ein solches Modell, prallgefüllt mit Fachwissen, auch innerhalb ihrer eigenen Branche vermarkten – und so neue Erlöse erzielen.

2) Fachkräftemangel abmildern

Der Fachkräftemangel ist in der deutschen Wirtschaft an allen Ecken und Enden spürbar. Nicht nur in der Gastronomie, in Handwerksbetrieben und Kitas, sondern auch in den Supportabteilungen vieler Unternehmen. Kundenbetreuer brechen unter der schieren Menge an Anfragen zusammen. Und wenn langjährige Mitarbeitende in den Ruhestand gehen, nehmen sie oft auch ihr Erfahrungswissen mit. Es fehlt an qualifizierten Nachfolgern, an die sie es weitergeben könnten.

Die Lösung? Mit generativer KI stellen Sie Ihren Mitarbeitenden einen hocheffizienten Kollegen an die Seite. Zugegeben, dazu braucht es eine gewisse Vorarbeit: Es gilt, das Know-how des Support-Teams aus PDFs, Wikis, E-Mails und sonstigen Quellen zu extrahieren und in einem zentralen Datenpool aufzubereiten.

Doch die Mühe lohnt sich. Wenn Sprach- und Textgeneratoren auf diese Daten zugreifen können, sind sie in der Lage, Kundenanfragen automatisiert zu beantworten: schnell und präzise, freundlich und kompetent. Ein Beispiel für dieses Anwendungsszenario ist ein Chatbot, den wir für RATIONAL entwickelt haben. Das Tool kombiniert das Fachwissen des
Profiküchen-Herstellers mit der Eloquenz von ChatGPT – und entlastet so die Mitarbeiter.


3) Softwarequalität verbessern
Auch in IT-Abteilungen ist der Fachkräftemangel ein riesiges Problem. Zugleich wird die zuverlässige Performance von Software immer wichtiger. Ob Kunden-App oder unternehmensinternes Produktionssystem: Regelmäßige und gründliche Qualitätssicherung ist ein absolutes Muss.

Für unterbesetzte Entwicklerteams ist das kaum zu stemmen. Und so kommen die Fähigkeiten generativer KI-Modelle wie gerufen. Gefüttert mit historischen Testfällen, hauseigenen Codestandards sowie Informationen über die zu testenden Softwarefunktionen, sind sie in der Lage, eine riesige Menge an Testfällen zu kreieren. Ein besonderer Vorteil: Dank der Effizienz des automatisierten Verfahrens können auch seltene Testfälle umfassend geprüft werden. So werden mögliche Schwachstellen von vornherein geschlossen. Die Softwarequalität steigt – bei gleichzeitiger Schonung der menschlichen Ressourcen.


4) Kundenkommunikation personalisieren
Schon seit Langem sind KI-Modelle in der Lage, auf Basis von Kunden- und Nutzungsdaten persönliche Produktempfehlungen auszugeben. Doch generative KI hat auch diese Fähigkeit auf ein neues Level gehoben.

Stellen Sie sich vor, Sie sind auf dem Weg in ein Skigebiet. Der Bordcomputer kennt das Reiseziel, die aktuellen Wetterprognosen und Ihren Fahrstil. Basierend auf diesen Informationen stellt das System personalisierte Angebote für Sie zusammen – etwa eine zeitlich begrenzte Unfallversicherung, die “Pannenhilfe Plus” für Ihr Reiseland oder die Absicherung Ihrer Skiausrüstung. Per Text- oder Sprachnachricht stellt Ihnen die KI die kurzfristig buchbaren Mikroversicherungen vor. So können Sie beruhigt in den Urlaub fahren. Und Ihre Versicherung freut sich über die neue Erlösquelle.

Auch jenseits vom Produktverkauf ist die personalisierte Kommunikation ein Gamechanger. Über das diesbezügliche Potenzial von LLMs habe ich zuletzt mit einer Hausverwaltung gesprochen. Denn: Wenn Mietparteien ihre Wohnung kündigen, sind die individuellen Rahmenbedingungen nie dieselben. Mal fehlt die Unterschrift eines Hauptmieters, mal wurde eine falsche Kündigungsfrist angegeben, die korrigiert werden muss. Oder die Mieter haben Fragen zum Übergabetermin. Mit standardisierten Antwortbriefen kommt man hier nicht weit. Mit einem Sprachmodell, das die Informationen aus dem Kündigungsschreiben ausliest und individuell beantwortet, hingegen schon.


Wenn Manageraugen leuchten…
Die genannten Anwendungsfälle sind nur ein Ausschnitt der unzähligen Möglichkeiten, die generative KI für Unternehmen in petto hat. Doch in meinen Gesprächen mit deutschen Managerinnen und Unternehmern waren es diese vier Szenarien, die alle Augen zum Leuchten brachten.


Geht es Ihnen auch so? Dann lassen Sie uns gerne ins Gespräch kommen.


Über Sebastian Bluhm
Sebastian Bluhm ist Managing Partner bei der Strategie- und Technologieberatung PLAN D. Er ist ein Tech-Optimist, der Impulse gibt, wo strategische Vision und Data Science aufeinandertreffen. Die Entwicklung datengetriebener Geschäftsmodelle und Produkte ist sein Spezialgebiet. Besonders interessiert ihn dabei die nachhaltige Implementierung: Technologie und Strategie müssen langfristig Sinn ergeben. Der studierte Informatiker vereint technologische und strategische Expertise und hat jahrelange Erfahrung in der Leitung und Umsetzung von Technologieprojekten – vom Mittelständler bis zum multinationalen Konzern.

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